Freitag, 10. April 2020: Das Finsternis-Fenster
Ein Erdkunde-Lehrer stellte seinen Schülern folgende Hausaufgabe: »Wie hoch ist der Himmel über uns?« Ein pfiffiger Achtklässler gliederte die Aufgabe für seine Antwort in zwei Fragestellungen:
A. Wie hoch ist der sichtbare Wolkenhimmel über uns?
B. Wie hoch ist der sichtbare Nachthimmel über uns?
Antwort A: Wir sehen bei klarer Sicht nur etwa 12 Kilometer hoch. Die höheren Schichten der Atmosphäre kann unser Auge bei Tag nicht durchdringen. Durch Lichtreflektionen bildet die Ozonsicht eine Blickschranke. Mit Ausnahme der gleißend hellen Sonne sehen wir nichts hinter dem Firmament.
Antwort B: Paradoxerweise sehen wir am Nachthimmel in die Unendlichkeit! Da tut sich uns eine geheimnisvolle Grenzenlosigkeit auf. Lichtjahre entfernte Galaxien werden erkennbar.
Ganz Ähnliches trifft auch auf die Hinrichtung des Herrn Jesus Christus zu: Vordergründig hing er am Kreuz wie die anderen beiden Todeskandidaten. Das Auge der Zuschauer sah nur die Grausamkeiten der Menschen. Doch das Wesentliche darüber blieb dem Betrachter verborgen. Dazu musste es Nacht werden. Erst als die Sonne sich verfinsterte, wurde die tragischste Tiefe erkennbar. Erst beim Blick hinter die Kulisse zeigte sich die Ungeheuerlichkeit: In den drei Stunden der Finsternis ruft die Tiefe der Tiefe (Psalm 42,8). Da schweigt die Menge. Da erstirbt ihr Spott. Denn da richtet Gott. Da kommt der Aufschrei: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?« Und genau da zerreißt der Blickfang, der Vorhang zum Allerheiligsten hin (Markus 15,38). Da erlitt Jesus Christus die Gottverlassenheit, die wir ohne sein stellvertretendes Opfer in alle Ewigkeit hätten erleiden müssen.
Andreas Fett
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- Haben Sie je über diese drei Finsternis-Stunden nachgedacht?
- Nun gehören unsre Herzen / ganz dem Mann von Golgatha, / der in bittern Todesschmerzen / das Geheimnis Gottes sah.
- Markus 15,21-38