Freitag, 25. August 2023: Der Pranger, Galater 3,13
Der »Pranger« war im Gerichtswesen des Mittelalters eine Art Pfahl auf einem öffentlichen Platz, an dem jemand wegen einer Straftat angebunden und dort oft über Tage der allgemeinen Verachtung ausgesetzt wurde. Daher kommt unsere Redewendung »jemanden an den Pranger stellen«. In einem Sauerland-Wochenkalender sah ich einen solchen Pranger, der noch heute in Obermarsberg (Hochsauerlandkreis) vor dem alten Rathaus steht. Zuletzt wurde dort um 1808 ein Mann, der bei dem Diebstahl eines Stücks Speck erwischt wurde, zwei Stunden lang dem Gespött der Bevölkerung ausgesetzt. Auch wenn er die Tat begangen haben mag, so war das doch eine völlig unverhältnismäßige Demütigung.
Viel schlimmer ist es allerdings, wenn man tatsächlich zu Unrecht so einem Spott ausgesetzt wird! So wird es schon im Mittelalter oft vorgekommen sein: Eine falsche Verdächtigung, und man fand sich am Schandpfahl wieder. Heute genügt manchmal ein Gerücht in der digitalen Welt, und schon wird man durch die (sozialen) Medien an den Pranger gestellt. Ein Rudel von empörten Anklägern fällt öffentlich über den Betroffenen her. Der Wahrheitsgehalt des Verdachts spielt dabei oft keine große Rolle. Das ist schnell ein Stempel, den man nicht mehr los wird.
Noch dramatischer war es allerdings mit Jesus Christus. Wegen einer falschen Anklage stand der Sohn Gottes nicht nur am Pranger, sondern er wurde an das todbringende Folterinstrument des Kreuzes angenagelt. Dort hing er – abgestempelt, gebrandmarkt, dem Spott und Hass der Menschen ausgesetzt und dem Tod ausgeliefert. Sogar nach dem Urteil seines Richters und seines Henkers war er wirklich absolut unschuldig. Aber er ertrug diese Strafe und die damit verbundene Schande bewusst für Ihre und meine Schuld.
Martin Reitz
Mit dem Autor/der Autorin Kontakt aufnehmen.
- Standen Sie schon einmal »am Pranger«?
- Wichtig ist zu verstehen, dass einer für uns (stellvertretend) »am Pranger« stand.
- Matthäus 27,31-44