Sonntag, 26. März 2023: Heuler
Bei unserem Besuch auf der Seehundstation lernten wir eine besondere Robbengruppe kennen: die Heuler. So bezeichnet man Jungtiere, die allein zurückgelassen wurden. Aufgrund des beständigen »Rufens« nach der Mutter wurden sie dann »Heuler« genannt. In den Seehundstationen an der Küste werden sie so lange versorgt, bis sie eigenständig draußen in der Nordsee überleben können. Ob der Verlust der Mutter Auswirkungen auf ihr späteres Leben hat, ist nicht erforscht.
Bei uns Menschen ist das aber zweifellos der Fall, wenn wir in unserer Kindheit einen solchen Verlust hinnehmen mussten. Selbst wenn das durch Pflegefamilien oder Kinderheime so gut wie möglich aufgefangen wird, so bleibt der Verlust der Eltern doch ein großes Problem. Es lässt sozusagen ein tiefes Loch in der Seele zurück, das kaum jemals wieder gefüllt werden kann. Oft entsteht daraus ein lebenslanges Defizit, das sich auf verschiedene Weise immer wieder als Störfaktor und Auslöser scheinbar unerklärbarer Verhaltensweisen erweist. So könnte man auch hier von »Heulern« sprechen, deren Schreien aus tiefster Seele leider oft ungehört verhallt.
Nicht jedoch bei Gott, der sich als der Vater von Waisen und Witwen bezeichnet, wie Psalm 68,6 deutlich macht. Das Schreien zu ihm verhallt nicht ungehört. Er will sich um verlassene Seelen kümmern, sie aufnehmen und ihnen ein Zuhause geben. Ja, er vermag so viel Liebe, so viel Wärme und so viel Geborgenheit zu geben, dass es sogar fehlende Mutterliebe mehr als ausgleicht (vgl. Jesaja 66,12-13). Welchen Verlust auch immer es in meinem Leben gibt, es besteht Hoffnung, ihn auszugleichen, weil Gott mich liebt und mich tragen will – vorausgesetzt, ich schreie zu ihm und lasse es zu, dass er sich meiner annimmt.
Joachim Pletsch
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