Freitag, 15. Oktober 2021: Schuld

Ignaz Semmelweis wird als Erfinder des Händewaschens bezeichnet. Seine Forschungen zeigten, dass Krankheitskeime mit den Händen übertragen werden. 1846 war Ignaz Semmelweis Assistenzarzt an der 1. Gebärklinik im Wiener Allgemeinen Krankenhaus. In dieser Zeit starben 15 % der Frauen an Kindbettfieber. An der 2. Gebärklinik allerdings gab es bedeutend weniger Todesfälle. Semmelweis beobachtete, dass bei der 1. Klinik Ärzte mitarbeiteten, bei der 2. Klinik hingegen waren die Hebammen alleine. Die Ärzte kamen meistens aus dem Sezierkeller, wo sie Studien an Leichen durchführten. Durch das Einführen des Händewaschens sowie der Desinfektion von Geräten starben nur noch 1,3 % der Mütter an Kindbettfieber. Doch die Ärzte wollten nicht auf Semmelweis hören, und so wurde er aus Wien weggemobbt. Sie wollten sich nicht eingestehen, selbst schuld am Tod so vieler Mütter zu sein. Von Suiziden unter Ärzten wurde berichtet, weil sie mit dieser Schuld nicht leben konnten. – Heute ist völlig klar: Hygienemaßnahmen retten Leben. Dass die Ärzte damals die Schuld nicht eingestehen wollten, machte die Sache nur noch schlimmer. Wie hätten sie mit der Schuld umgehen können, anstatt zu verzweifeln oder sie zu verleugnen?
Leid, das durch eigenes Verschulden bei anderen entsteht, ist eine erdrückende Last. Ein Eingeständnis ist so wichtig, sich rausreden verdrängt die Gewissensbisse niemals. Den Geschädigten »Es tut mir von Herzen leid« zu sagen, ist notwendig, wenn wir Erleichterung erfahren wollen. »Ich vergebe dir« kann die Tat nicht ungeschehen machen, uns aber enorm entlasten. Weil es einem Freispruch von der Schuld gleichkommt, der uns wieder Lebensfreude schenken kann. Und genau das hat Jesus im letzten Moment seines Lebens gebetet: »Vater, vergib ihnen!« Gott sei Dank!

Andreas Wanzenried


Frage
Was machen Sie mit Ihrer Schuld?
Tipp
Jesus zeigte die Schuld der Menschen nicht nur auf, sondern hatte auch die Vollmacht, Sünden zu vergeben.
Bibellese
Matthäus 18,21-35

Donnerstag, 14. Oktober 2021: Massenpropaganda

»Die Menschen haben sich in einer … immer unverständlicher werdenden Welt darauf eingerichtet, jederzeit jegliches und gar nicht zu glauben, überzeugt, dass schlechterdings alles möglich sei und nichts wahr … Die Massenpropaganda setzt mit außerordentlichem Erfolg ein Publikum voraus, dass jederzeit bereit ist, leichtgläubig alles hinzunehmen, und sei es noch so unwahrscheinlich, und es doch nicht im mindesten verübelt, wenn der Betrug sich herausstellt, weil es offenbar jede Aussage ohnehin für eine Lüge hält«(FAZ vom 28. Februar 2020). – Das schreibt Hannah Arendt, die sich in der Welt auskannte. Sie hatte Deutschlands moralischen Zusammenbruch in den Dreißigerjahren erlebt, musste als Jüdin vor den Nazis nach Amerika fliehen und all dem Elend tatenlos zusehen, das sich in Deutschland und Europa ereignete. In vielen ihrer Bücher habe ich erkennen können, wie stark ihr Denken und ihr Verhältnis zur Welt um sie herum von den Prinzipien des Alten Testaments geprägt war, was ihre Urteilskraft oft ganz entscheidend beeinflusste.
Für uns alle, die wir in Zeiten leben, welche wir uns selbst nicht ausgesucht haben, sollte es ein Ansporn sein zu fragen, wo wir unsere Maßstäbe herholen, die wir zu unserer Orientierung brauchen, denn orientieren müssen wir uns. Man könnte das aktualisieren und fragen, welches existenzielle »Navigationssystem« wir innerlich »geladen« haben. Irgendeines haben wir ja immer. Es fragt sich nur welches. »Niemand kann zwei Herren dienen«, sagt uns z. B. Jesus (Matthäus 6,24). Wir müssen uns entscheiden, von wem oder von was wir uns durchs Leben leiten lassen wollen. Gott jedenfalls bietet uns seine gute Führung und Bewahrung an. Sein Wort, die Bibel, kann für uns zu einem Kursbuch des Lebens werden – wenn wir es lesen.

Karl-Otto Herhaus


Frage
Wem wollen Sie folgen?
Tipp
Wer immer erst nach Gott fragt und auf ihn hört, wird Lüge und Täuschung leicht erkennen können.
Bibellese
2. Petrus 1,19-21; 2,1-3

Mittwoch, 13. Oktober 2021: Schlecht ergangen

Sein Vorstrafenregister war lang, sehr lang, als wir uns im Gefängnis trafen. Diebstahl, gefährliche Körperverletzung, Einbruch und versuchter Totschlag. Dabei war er erst 19 Jahre alt. Was soll man so einem jungen Mann sagen, der sein Leben schon dermaßen verpfuscht hat?
Acht Jahre später trafen wir uns wieder. Willi hatte seine Haftstrafe abgesessen. Nach 6 Jahren war er wegen guter Führung vorzeitig entlassen worden. Ausführlich sprachen wir über sein Erleben, sein Leben und darüber, wie es ihm in der Freiheit ergangen war. »Niemals hätte ich mein Leben geändert. Es war cool. Ich hatte genug Geld, konnte tun und lassen, was ich wollte. Die Spannung, nicht erwischt zu werden, war permanent vorhanden, aber den Kitzel habe ich gebraucht. Bis zu jenem Tag, als mein Kartenhaus zusammenbrach. In der Zelle vergingen die Tage nicht. Wegen der Brutalität meiner Straftaten war ich lange in Einzelhaft. Das Einzige, was ich tun konnte, war, in der ausgelegten Bibel lesen. Zuerst war es nur öde. Man, wer hat sich solch einen Unsinn ausgedacht, sagte ich mir. Doch eines Tages stieß ich auf diesen Satz: ‚Du sollst nicht für dieses Volk bitten, dass es ihm gut ergehen möge!‘ Mir ging es damals nicht gut, überhaupt nicht gut. Ich war verzweifelt.
Wäre es mir weiter gut gegangen, hätte ich mein Leben nie in den Griff bekommen. Aber in meiner Not fing ich an zu beten. Gott machte mir klar, dass ich meine Probleme nicht alleine in den Griff bekommen würde. Leute von einer Gefährdetenhilfe besuchten uns und erzählten von Jesus, der unser Leben erneuern will. Und dann, nach Monaten, habe ich Jesus mein Leben, meine Sünden, meinen ganzen Pfusch anvertraut. Ich bin so froh, dass es mir damals nicht gut ging, weil ich nur dadurch erkannt habe, dass ich Jesus wirklich brauche!«

Peter Lüling
Mit dem Autor Kontakt aufnehmen.


Frage
Welche Lebenskrisen sind Ihnen zum Segen geworden?
Tipp
In Krisen zeigt sich, wer wirklich helfen kann.
Bibellese
Hiob 11,13-20

Dienstag, 12. Oktober 2021: Jetzt gehen die Fenster nicht mehr auf!

Lydia ist tot! Die Nachricht von ihrem Tod verbreitete sich in der Seniorensiedlung in Windeseile, wie ein Lauffeuer. Die 86-jährige hatte noch einen Tag vorher mit ihrer Flöte am offenen Fenster Lieder und Choräle gespielt. Seit vielen Jahren öffneten die Senioren um acht Uhr die Fenster, wenn Lydia sie mit ihren Musikstücken erfreute. Die Flöte ist verstummt; jetzt gehen die Fenster nicht mehr auf.
Lydia wohnte im Erzgebirge. Sie fand kurz nach der Wende in einer Wanderhütte ein Neues Testament. Sie erzählte: »Ich las fleißig in der Bibel, und Gott schenkte mir immer Christen zur Seite, die mir den Inhalt der Bibel erklärten. So durfte ich begreifen, dass Gott mich liebt und sein Sohn, Jesus Christus auch für meine Sünden am Kreuz gestorben ist. Das machte mich sehr froh und dankbar. Ich habe mich gefragt: Wie können andere Menschen an meiner Freude teilhaben? Da kam mir die Idee, morgens am offenen Fenster zu musizieren. Als Flüchtlinge aus Syrien zu uns kamen, durfte ich einer Familie helfen, die deutsche Sprache zu erlernen. Anhand der Gideon-Bibel in ihrer Heimatsprache und der deutschen Übersetzung vermittelte ich die deutsche Sprache. Meine 16-jährige Enkeltochter hat mich überrascht, als sie sagte: *Oma, ich möchte einmal so werden wie du. Du weißt, wozu du lebst!*«
Wenn Gott jemandem das Herz öffnet, damit er auf seine Worte hören kann, verändert das nicht nur diesen Menschen, sondern auch seine Umgebung. Wie ein Lichtstrahl, der in einen dunklen Garten fällt, wird der Blick plötzlich frei auf etwas Schönes, was man bisher nicht wahrnehmen konnte. Und wenn man mit einem solchen Menschen Umgang pflegt, dann wird man bald darauf stoßen, was aus ihm einen so angenehmen Menschen machte.

Detlef Kranzmann
Mit dem Autor Kontakt aufnehmen.


Frage
Kennen Sie auch so einen Menschen?
Tipp
Gott liebt den, der fröhlich und bereitwillig gibt, und er beschenkt ihn, damit er anderen Gutes tun kann.
Bibellese
Apostelgeschichte 16,11-15.40

Montag, 11. Oktober 2021: Die Hoffnung stirbt zuletzt

Dieses Sprichwort ist relativ jung und erst im 20. Jahrhundert entstanden. Ein gewisses Vorbild findet sich jedoch schon bei Cicero: Dum spiro spero (»Solange ich atme, hoffe ich«). Egal, wie schlecht die Lage ist: Man bleibt bis zum Ende zuversichtlich, dass sie sich bessern wird. Es ist ein Sprichwort, das wir hier in Italien sehr oft hören. Wenn wir an das vergangene Jahr denken, dann hat das Thema »Corona« diesem Sprichwort noch mehr Auftrieb verschafft, weil viele Menschen nicht wussten, wie die Zukunft werden wird.
Hoffnung in der Bibel entspricht allerdings nicht der Bedeutung, die diesem Begriff normalerweise gegeben wird, nämlich dem Wunsch nach etwas Besserem in der Zukunft. Hoffnung – in diesem Sinn verstanden – beinhaltet Unsicherheit, Zweifel und ängstliches Warten. Die biblische Hoffnung ist jedoch die zuversichtliche Erwartung, dass das, was wir erwarten, ganz sicher geschehen wird. Mit anderen Worten, die biblische Hoffnung erwartet und vermutet nicht nur. Und warum? Weil sie nicht auf Zufall, Wahrscheinlichkeiten oder Vertrauen in Menschen gründet, die unzuverlässig sind, sondern auf festen und sicheren Wahrheiten und Verheißungen, die von einem zuverlässigen Gott stammen! In der Bibel ist Hoffnung also nichts anderes, als an die Erfüllung der Verheißungen Gottes zu glauben. Und das erzeugt vor allem Frieden, Sicherheit und Befreiung von der Angst. Diese Hoffnung gibt uns auch Weisheit und Kraft, um jeder Situation zu begegnen, auch den schwierigen.
Wie David schreibt, lernen wir, auf Jesus zu hoffen, indem wir ihm jeden Anlass unserer Angst und Sorge überlassen und ihm unser volles Vertrauen zeigen! Biblische Hoffnung ist ein sicherer und fester Anker, weil Gott selbst für die Erfüllung seiner Verheißungen bürgt.

Thomas Kröckertskothen
Mit dem Autor Kontakt aufnehmen.


Frage
Auf was bauen Sie ihre Hoffnung?
Tipp
Wer auf Gott vertraut, kann in Frieden leben.
Bibellese
Psalm 39

© 2022 – Evangelische Muttergemeinde A.B. Neukematen | Impressum | Datenschutzerklärung | Login