Samstag, 15. Mai 2021: Bin ich etwa auch so?

»Was suchst du in der Schublade?« »Eine Schere. Ich will dir den Bauch aufschlitzen!« Das kleine Mädchen, das für einige Wochen in unserer Familie lebt, meint es ernst. Obwohl wir alles versuchen, um ihr Sicherheit und Geborgenheit zu bieten, rebelliert sie immer wieder. Egal, ob es darum geht, die Brille aufzusetzen, die Zähne zu putzen, Hausaufgaben zu erledigen oder genug Schlaf zu bekommen: Sie wehrt sich gegen das, was zu ihrem eigenen Besten dient. Vertrauen fällt ihr schwer, weil sie in ihrer Ursprungsfamilie nicht so versorgt werden konnte, wie es für ein Kind notwendig ist.
Die kurze Zeit mit ihr lässt meinen Respekt gegenüber Pflegeeltern wachsen, die mit viel Liebe und Selbstverleugnung solchen verletzten Seelen dienen. Gleichzeitig erinnern mich der heutige Tagesvers daran, wie häufig Gott bis heute solche Ablehnung erfährt. Ob es für Gott ähnlich schmerzlich ist, wenn auch ich im Alltag wenig darüber nachdenke, was sein Wille für mein Leben ist? Denn auch ich will möglichst selbstbestimmt leben und meine Entscheidungen so treffen, dass meine Interessen bestmöglich verwirklicht werden.
Darum will ich mir neu vor Augen führen, mit wie viel Liebe Gott uns begegnet und mich ihm gegenüber öffnen. So wie er seinem Volk zur Zeit des Alten Testaments Propheten und Boten gesandt hat, will er auch in unser Leben hineinsprechen. Durch sein Wort will er uns Orientierung geben, uns vor falschen Wegen warnen und uns zeigen, welche Verhaltens- und Denkweisen wir verändern müssen. Er meint es gut mit uns und will uns ein ausgefülltes Leben schenken. Doch das entdecken wir nur, wenn wir Jesus in unser Leben einbeziehen und ihn ehrlich darum bitten, uns seinen Willen zu zeigen.

Andreas Droese
Mit dem Autor Kontakt aufnehmen.


Frage
Was denken Sie, wie Gott Ihr Verhalten ihm gegenüber empfindet?
Tipp
Bitten Sie Jesus im Gebet, seine guten Absichten für Sie – auch im Alltag – erkennen zu können!
Bibellese
Römer 12,9-21

Freitag, 14. Mai 2021: Freie Zeit

Außerhalb des jüdisch-christlichen Einflusses besteht die Arbeitswoche für arme Leute, besonders für Hilfsarbeiter, Tagelöhner und Gelegenheitsjobber, aus sieben Arbeitstagen. Sie müssen ununterbrochen arbeiten, bis der Tod sie erlöst. Schon im Alten Testament sollten nicht nur die Herren am siebten Tag ruhen, sondern auch ihre Knechte und Mägde und die bei ihnen wohnenden Fremdlinge. Ja, sogar die Zugtiere hatten einen erholsamen Tag. Man kann sich den enormen Wert dieser Einrichtung erst richtig vorstellen, wenn die eigene Arbeit körperlich sehr anstrengend ist, was früher allgemein der Fall war.
Jetzt gibt es die Fünf-Tage-Woche. Davon merken allerdings Familienväter und -mütter kaum etwas. Auch Haus- und Gartenbesitzer merken nicht viel davon. Viele junge Leute können in fünf Arbeitstagen kaum so viel Geld verdienen, wie sie in den restlichen zwei Tagen der Woche nötig haben, um die gefühlte Sinnlosigkeit des Daseins und die Langeweile zu verdrängen und zu übertönen.
Wie wäre es, wenn man diese Freizeit in den Dienst der Allgemeinheit stellte? Es gibt genug Alte und Schwache, die gern ein wenig betreut wären, und Kinder, die nichts mit ihrer Zeit anzufangen wissen und darum gern Unfug machen. Mit denen könnte man Fußball spielen oder ihnen bei den Schularbeiten helfen, oder ihnen zeigen, wie man Modell-Segelflieger oder ein Floß baut. Erfahrene Sozialarbeiter wissen, welche rechtlichen Bestimmungen dabei zu beachten sind. Und wer Gott kennt, kann auch helfen, die beste Botschaft der Welt unter die Leute zu bringen, dass Gott die Menschen liebt und sie alle zu sich ziehen will. Eigentlich müsste es für jeden jungen Menschen etwas geben, was er gern weitergeben mag.

Hermann Grabe
Mit dem Autor Kontakt aufnehmen.


Frage
Was haben Sie am nächsten Wochenende vor?
Tipp
Es macht wirklich Spaß, anderen Menschen Freude zu machen.
Bibellese
Lukas 18,15-27

Donnerstag, 13. Mai 2021: Gott als Vater

Er stinkt. Er ist dreckig, zerlumpt und ausgehungert. Er hatte den Vater für sich als tot erklärt, sich davongemacht und sein Erbe verschleudert. Wie würde der Vater reagieren, wenn er jetzt wieder bei ihm auftaucht? Der Vater kann ihn nicht mehr als Sohn akzeptieren – das ist klar, aber vielleicht würde er ihn als Tagelöhner anstellen …
Aber der Vater reagiert ganz anders. Von Weitem schon sieht er den Sohn am Horizont. Er muss offensichtlich auf ihn gewartet und immer wieder Ausschau nach ihm gehalten haben. Und dann hält er es nicht mehr aus. Es dauert ihm einfach zu lange, bis sein Sohn bei ihm ist. Er läuft ihm entgegen, fällt ihm um den Hals und küsst ihn überglücklich. Der Sohn will seine Entschuldigung vorbringen, aber der Vater lässt ihn gar nicht ausreden. Er weiß, dass der Sohn es ernst meint, und das reicht ihm. Es gibt keine Vorwürfe, keine Probezeit, nur völlige Annahme und Freude. Er lässt sofort das beste Gewand bringen, das Mastkalb schlachten, und sie beginnen zu feiern. Was für eine bemerkenswerte Liebe des Vaters!
Jesus ermöglicht uns in dieser Geschichte einen ganz tiefen Blick in das Herz Gottes. Er schildert, wie Gott (der Vater) reagiert, wenn ein Mensch zu ihm umkehrt. In dieser Geschichte sehen wir, wie groß die Liebe Gottes zu uns Menschen ist! Er wartet schon so lange auf uns und hält nach uns Ausschau. Gott wird uns keine Vorwürfe machen, wenn wir endlich einsehen, dass unsere Gottesferne falsch und verderblich war. Er möchte nur hören: Es tut mir leid, dass ich mein Leben bis hierher ohne dich geführt habe. Es tut mir leid, dass ich dachte, ich könnte alleine zurechtkommen. Ich möchte ab heute mit dir leben und für dich. Ich möchte, dass du mein Vater bist!

Stefan Hasewend
Mit dem Autor Kontakt aufnehmen.


Frage
Was hält Sie davon ab, zu diesem Vater zu kommen?
Tipp
Wenn Sie sich zu Gott aufmachen, geht er Ihnen entgegen!
Bibellese
Lukas 15

Mittwoch, 12. Mai 2021: Lebenslang im Lehm

Lehmmatsch und Rauchschwärze. Und das den ganzen Tag. Ich kann es kaum glauben, was ich in einem Bericht eines ZDF-Reporters über die Ziegelfabriken in Lahore, einer Millionenstadt in Pakistan, lese. Viele der Arbeiter dort schuften ihr halbes oder gar ganzes Leben lang an glühend heißen Brennöfen und klumpigen Lehmhügeln, um aufgenommene Kredite mühsam abzustottern. »Ziegelsklaven« wäre wohl der treffendere Begriff für diese armen Abertausenden. Die Arbeitsbedingungen sind miserabel, Schlägertrupps sorgen für Ordnung und Disziplin in den Fabriken. Demonstrationen für Tarifverhandlungen gibt es hier garantiert nicht. Und falls einer der Zwangsarbeiter versucht zu fliehen, wird seine Familie so lange drangsaliert, bis der Flüchtling wieder zurückkehrt. Und dass dieser bei seiner Rückkehr kein faires Feedbackgespräch mit seinem Personalleiter führen wird, braucht man wohl nicht zu erklären. Was für eine schreiende Ungerechtigkeit, was für traurige Schicksale!
Was würde manch einer dort in Lahore nur dafür geben, mit mir zu tauschen? Sicherlich sehr viel. Und wie oft bin ich doch immer noch pingelig am Meckern über die kleinsten Unannehmlichkeiten? Viel zu oft. Klar: Auch »bei uns« gibt es schwierige und herausfordernde Lebenssituationen, keine Frage. Doch ich glaube, wir sind viel zu sehr an so viel Gutes gewöhnt, wovon unzählige Menschen nur träumen können.
Drei einfache Worte aus der Bibel fordern uns heraus: »… und seid dankbar.« Gott verdient Dank für das Gute in unserem Leben. Dadurch möchte er uns zeigen, dass er freundlich und gütig ist, dass es sich lohnt, ihn, den Geber aller guten Gaben, kennenzulernen. Also: Augen auf – es gibt so viel Dankwürdiges in unserem Leben!

Jan Klein
Mit dem Autor Kontakt aufnehmen.


Frage
Was bewegt Sie am Schicksal solcher Menschen wie in Lahore?
Tipp
Beginnen Sie, darüber nachzudenken, wie Sie andere Menschen dankbar machen können.
Bibellese
2. Korinther 9,6-15

Dienstag, 11. Mai 2021: Die versandete Kirche

Vor zwei Jahren haben wir unseren Urlaub an der nördlichsten Spitze Dänemarks verbracht, wo Nord- und Ostsee sich treffen. Wenige Kilometer südöstlich davon steht eine seltene, gut besuchte Touristenattraktion: St. Laurentius, die sogenannte »Versandete Kirche«. Sie wurde Ende des 13. Jahrhunderts erbaut. Im 16. Jahrhundert setzte dann ein Sandflug ein, der die Kirche mehr und mehr umwehte und ab 1775 ernsthaft bedrohte. 20 Jahre lang haben die Gemeindemitglieder dagegen gekämpft. Alt und Jung zogen vermutlich am frühen Sonntag mit einer Schaufel zur Kirche, um den Gottesdienst zu ermöglichen. Aber sie haben schließlich doch gegen die Naturgewalt verloren. 1795 wurde die Kirche offiziell aufgegeben und das Kirchenschiff aus Sicherheitsgründen 1805 abgerissen. Nur der Glockenturm von St. Laurentius blieb stehen und ragt bis heute noch hoch über die Sanddüne hinaus – jahrelang diente er als Orientierung für die Schifffahrt, mittlerweile aber nur noch als sehenswerte Attraktion.
Die Kirche war als Stätte gebaut worden, um Gott zu verehren, dem Menschen Orientierung zu geben und ihn im Glauben zu stärken. Sie musste aufgegeben werden, weil die Natur diesen Ort wieder für sich beanspruchte.
Irgendwie scheint mir diese Kirche symbolisch für die Christenheit zu sein, die über die Jahrhunderte etliche »Sandflüge« überstehen musste. Denken wir an Verfolgungen, Diktaturen, Kriege, den wissenschaftlichen Fortschritt, veränderte Werte, Weltanschauungen und neue Geistesströmungen, die ihren Niederschlag in unseren Gesetzen finden. Manches aus dem Christentum scheint schwach geworden zu sein, manches wurde verschüttet. Aber das Zentrum des Glaubens ragt unerschütterlich heraus: Jesus Christus!

Martin Price


Frage
Welche Rolle sollte Jesus Christus und die Bibel heute in unserer Gesellschaft einnehmen?
Tipp
Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit.
Bibellese
Matthäus 16,13-20

© 2022 – Evangelische Muttergemeinde A.B. Neukematen | Impressum | Datenschutzerklärung | Login